Mehr als 40 Interessierte waren gekommen, um am 13.11.2022 im Goethe-Museum in Düsseldorf dem ehemaligen Richter am OLG Düsseldorf, Karl-Heinz Keldungs, bei der Lesung aus seinem Buch „Die Aktion Rheinland“ zuzuhören. Es war spannend, unaufgeregt und aufschlussreich, nicht frei von emotionalen Momenten.
Sichtlich bewegt las Karl-Heinz Keldungs, ehemals Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, aus seinem Buch „Die Aktion Rheinland“ die Geschichte der noch immer kaum fassbaren Ermordung des Kommandeurs der Düsseldorfer Schutzpolizei Franz Jürgens. Jürgens wurde am 16. April 1945, dem letzten Kriegstag in Düsseldorf, von einem schnell zusammen gestellten Standgericht wegen „Meuterei“ zum Tode verurteilt, abends um halb acht auf dem Gelände der Schule an der Färberstraße erschossen. Kurze Zeit später starben ebenfalls nach standgerichtlichem Todesurteil vier weitere Mitglieder der Gruppe „Rheinland“, Theodor Andresen, Josef Knab, Herann Weill und Karl Kleppe - jener Widerstandsgruppe, der man zuschreibt, die Stadt Düsseldorf vor dem endgültigen Untergang gerettet zu haben.
Keldungs, erfahrener Jurist, hat sich mit diesen Standgerichtsverfahren intensiv beschäftigt. Seine Erkenntnisse sind in dem im Verlag Edition Virgines erschienenen Bändchen „Die Aktion Rheinland“ zusammengefasst, 110 Seiten umfassend inklusive reichhaltigem Stichwort- und Literaturverzeichnis. Der Autor skizziert chronologisch, teilweise minutiös Geschehen und Verlauf um die Gruppe „Rheinland“ in jenen Tagen des 16. und 17. April 1945, erzählt auch Vor- und Nachgeschichte. Sie fußen auf nochmaliger genauer Sichtung der Quellen, auch Gerichtsakten späterer Verfahren über diese Mordtaten. Sein Stil ist dabei streng sachlich, geradezu emotionslos. Und doch scheint hinter dieser Sachlichkeit immer wieder die Tragik ihres Aufbegehrens auf, mehr noch das fanatische Wüten und die erbarmungslose Rachsucht der Nationalsozialisten gegen Alles und Alle, was sich ihnen verweigerte und entgegen stellte, um sich dann in der Nacht noch in Zivilkleidung heimlich davon zu stehlen.
Karl-Heinz Keldungs beschreibt nicht nur, er wirft auch Fragen auf. Noch immer ist alles nicht aufgehellt, geklärt. Gab es am 16./17. April 1945 tatsächlich einen letzten befürchteten, auch geplanten Luftangriff mit 800 bis 1200 Bombern auf Düsseldorf? Haben Dr. August Wiedenhofen und Aloys Odentahl, beide aus der Gruppe der Aktion Rheinland, wirklich durch Verhandlungen mit amerikanischen Kommandeuren erreicht, dass die Amerikaner ohne Widerstand in Düsseldorf einmarschieren konnten, oder spielten sie nur eine untergeordnete Rolle bei den Überlegungen der Amerikaner, Düsseldorf und damit den letzten Rest des Ruhrkessels zu besetzen? Wer hat die Aktion Rheinland im Polizeipräsidium verraten?
Keldungs versucht, in seinem Buch Antworten zu geben. Er will die Geschichte dabei nicht neu schreiben, gar umdeuten - doch auch er vermag mangels Quellen, vernichteter Unterlagen nicht, alles zu klären. Er will das mutige, heldenhafte Handeln der Gruppe nicht schmälern. Im Gegenteil!
Er unterstreicht, dass die Gruppe die Initialzündung gegeben habe, weiteres sinnloses Blutvergießen zu verhindern.und bezeugt „Wenn es mehr solche Menschen wir Dr. Wiedenhofen, Franz Jürgens, Aloys Odentahl und ihre Freunde auch in anderen Städten gegeben hätte, hätten mehr Menschen den Krieg überlebt.“
Das Buch Karl-Heinz Keldungs: „Die Aktion Rheinland“ ist im Verlag Edition Virgines erschienen, 15,-- Euro, s. unter https://www.editionvirgines.de/Products/200/78/Die-Aktion-Rheinland.html
(Dirk Sauerborn, 9.12.2022)